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Fluglärm und Recht

Fluglärm findet in der österreichischen Rechtsprechung, Gesetzgebung aber auch der Fachliteratur so gut wie keine Beachtung. Während zB in Deutschland Gesetze über die Beschränkung des Fluglärmes eingeführt wurden, gibt es solche Bestimmung für Österreich nicht.

Der Bürger ist bei der Abwehr von Fluglärm auf sich allein gestellt. Nur mit Hilfe zivilrechtlicher Ansprüche nach den §§ 364 ff des ABGB kann der Nachbar vom Eigentümer des Flughafens Schadenersatz verlangen, wenn der von dort ausgehende Lärm "das nach örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreitet und die ortsübliche Benutzung der Grundstücke wesentlich beeinträchtigt".

Bei der Genehmigung von Flughäfen oder der Verlängerung von Landepisten wird zu Lasten der Bürger auf die Abhaltung einer Umweltverträglichkeitsprüfung häufig vergessen oder diese als nicht notwendig erachtet. Bürger die innerhalb der Sicherheitszone des Flughafens wohnen und daher nach dem Luftverkehrsgesetz benachrichtigt werden müßten, werden um ihre Rechte gebracht.

In der Öffentlichkeit erfahren Initiativen gegen Fluglärm selten hohe Beachtung. Das positive Image des Flughafens das Weltoffenheit, Transparenz, Freizeit, Urlaub, Sonne suggeriert, überdeckt die Schattenseiten des Betriebes. Tatsächlich kontrastiert dieses Positiv-Image mit einem realen Negativ-Verhalten. Es besteht ein enges Netzwerk zwischen den Flughafenbetreibern, der örtlichen Politik, den Behörden und den Gutachtern. Die Bürgermeister der Flughafengemeinden sitzen nicht selten in den Aufsichtsräten der Flughafenbetriebe. Sie sind damit gesetzlich verpflichtet, alles zu unterlassen, was die Erträge des Flughafenunternehmens schmälern könnte. Sogar wenn sie wollten, dürften sie in dieser Position nicht lärmhemmende Maßnahmen fordern, die den Bürgern ihrer Gemeinde nützen, aber ihrer Gesellschaft schaden würden.

Behördenvertreter, die nicht selten ebenfalls in Aufsichtsorganen des Flughafens sitzen, haben maßgeblichen Einfluß darauf, wie die Behörde die Parteistellung der Bürger interpretiert. So wurde die Parteistellung von Bürgern aberkannt, weil sie nicht in der Sicherheitszone, sondern unter der Sicherheitszone des Flughafens wohnen. Der Lärm ist der gleiche, ob man in oder unter der Sicherheitszone wohnt.

Im Gegensatz zum positiven Image der Transparenz und Weltoffenheit steht auch die weitverbreitete Taktik des "Niederprozessierens". Die Nachbarrechte werden erst dann zugestanden, wenn es nach langen Jahren vom VwGH so entschieden wird. Informationen werden erst dann weitergegeben, wenn die letztinstanzliche Entscheidung ergangen ist, wonach Bescheide herausgegeben werden müssen. Berechtigte Ansprüche der Nachbarn werden bis zuletzt verzögert. Bei der Wahl der Mittel ist man nicht wählerisch. Das Wohngebiet um den Leberberg wird als "Industriegebiet" erklärt, für den Lärm der startenden und landenden Flugzeuge sei der Flughafen nicht verantwortlich, für die Einflugschneisen könne der Flughafen nichts dafür, der Lärm kilometerweit entfernter Straßen sei höher als der Fluglärm und ähnliches.

Auch in der Informationspolitik kontrastiert das Verhalten der Flughafenbetreiber durch aus mit dem Positivimage. Bescheide werden den Nachbarn nicht herausgegeben, Informationen über die Einflugschneisen oder die Flugzahlen sind unvollständig oder unrichtig, Informationen werden erst dann gegeben, wenn es nicht mehr anders geht.

Gleichzeitig genießt der Flugverkehr wesentliche Privilegien, die die Nachbarn von Flughäfen und Flughafengeschädigten nicht haben. So ist der Flugbenzin in der EU - anders als in den USA - nicht besteuert, Flugtickets sind USt-befreit, Flughäfen werden von den Grundabgaben befreit. Im Genehmigungsverfahren geht die Behörde den Flughafenbetreibern zur Hand und schränkt den Kreis der beteiligten Nachbarn solange ein, bis der VwGH korrigierend eingreift.

Längst überfällig ist die Erlassung eines Fluglärmgesetzes, welches verbindliche Grenzen für die Fluglärmbelastung festlegt. Es sind emissionsabhängige Landegebühren einzuführen. Lärmende und schadstoffverbreitende Flugzeuge sollen zur Kasse gebeten werden. Die Kostenwahrheit für den Flugverkehr ist einzuführen. Der Umweltverbrauch, die Gesundheitsschäden der Nachbarn sind den Betreibern anzulasten. Die Subvention der Treibstoffe ist - ebenso wie in den USA - zu beenden, die USt-Befreiung für Flugtickets und die Grundsteuerbefreiung für Flughäfen ist zu Gunsten der öffentlichen Budgets zu beenden. Im Genehmigungsverfahren sind zumindest die Informationspflichten der Nachbarn und die Parteistellung der Nachbarn einzuführen.

Der Immobilienmarkt liefert einen praxisnahen Bewertungsmaßstab für die finanziellen Schäden die durch Lärm entstehen. Verkehrslärm bewirkt eine Wertminderung von Immobilien. Ab etwa 30 dB(A) führt jede weitere Zunahme des Lärms um 1 dB(A) zu einer Entwertung zwischen 0,5 und 1,7%. Die Kosten durch Verkehrslärm in Österreich liegen bei EUR 1,2 Mrd. pro Jahr.

Eine Bekämpfung des Fluglärms ist damit nicht nur aus gesundheitlicher und umweltpolitischer sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht unbedingt notwendig.


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Quelle: Anwaltskanzlei Unterweger und Bitsche, Buchfeldgasse 19a, A-1080 Wien - http://www.unterweger-bitsche.at